Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Barrierefreiheit und die neue Gesetzgebung -
Was ist das? Wer ist verpflichtet? Worauf muss ich achten?
Dirk
Digital Marketing & Projektmanager
Inhalt
Einführung
Die digitale Barrierefreiheit gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere durch das Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Das BFSG setzt die EU-Richtlinie 2019/882 in deutsches Recht um. Es wurde 2021 beschlossen und tritt am 28. Juni 2025 in Kraft. Zum ersten Mal werden private Wirtschaftsakteure verpflichtet, bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten.
Im Folgenden erläutern wir die wesentlichen Aspekte der Barrierefreiheit, die Anforderungen des BFSG, wer dazu verpflichtet ist und worauf man achten muss.
Was ist Barrierefreiheit?
Laut §3 BFSG bedeutet Barrierefreiheit:
“Ein Produkt oder eine Dienstleistung ist ohne fremde Hilfe, ohne besondere Erschwernis und in allgemein üblicher Weise nutzbar – auch für Menschen mit Behinderung.”
Barrierefreiheit bedeutet also, Produkte und Dienstleistungen so zu gestalten, dass sie für alle Menschen, unabhängig von körperlichen oder geistigen Einschränkungen, zugänglich und nutzbar sind. Im digitalen Kontext umfasst dies beispielsweise Webseiten, mobile Anwendungen und Online-Dienste. Barrierefreiheit ermöglicht es Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen.
Konkrete Anforderungen ergeben sich aus der Rechtsverordnung zum BFSG (z. B. verständliche Sprache, mehrere sensorische Kanäle, ausreichender Kontrast, alternative Bedienoptionen).
Was ist Barrierefreiheit im Internet?
Barrierefreiheit im Internet bedeutet die Gestaltung und Entwicklung von Websites, die von Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen wahrgenommen, bedient, verstanden und zuverlässig genutzt werden können. Dazu gehören Menschen mit Seh-, Hör-, motorischen, kognitiven und neurologischen Beeinträchtigungen.
Die Grundprinzipien der Barrierefreiheit im Internet werden oft mit dem Akronym POUR zusammengefasst:
- Perceivable: Nutzer müssen die dargestellten Informationen wahrnehmen können, sei es durch Sehen, Hören oder Tasten. Dazu gehören Textalternativen für Bilder, Untertitel für Videos und klare Farbkontraste.
- Operable: Nutzer müssen alle Bedienelemente und Elemente über eine Tastatur oder unterstützende Technologie bedienen können. Dazu gehört die Gewährleistung einer korrekten Tastaturnavigation und die Vermeidung von Mausinteraktionen.
- Understandable: Inhalte und Benutzeroberfläche müssen leicht verständlich sein. Dazu gehören eine klare und einfache Sprache, ein einheitliches Layout und eine vorhersehbare Navigation.
- Robust: Die Website muss mit verschiedenen unterstützenden Technologien und Benutzeragenten kompatibel sein, darunter Bildschirmleseprogramme, Spracherkennungssoftware und verschiedene Browser.
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?
Das BFSG setzt die EU-Richtlinie 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen in deutsches Recht um. Es legt fest, dass bestimmte Produkte und Dienstleistungen künftig barrierefrei gestaltet sein müssen. Ziel ist es, einheitliche Standards zu schaffen und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu verbessern.
Wen betrifft das BFSG?
Barrierefreiheit auf Websites ist ab 2025 Pflicht, wenn Sie Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder Bankdienstleistungen für Verbraucher anbieten.
Das BFSG gilt für Hersteller, Händler und Dienstleister, die bestimmte Produkte und Dienstleistungen anbieten. Dazu zählen unter anderem Computer, Smartphones, Bankdienstleistungen und E-Commerce-Angebote. Es müssen alle Produkte und Dienstleistungen, die im BFSG genannt werden, barrierefrei sein.
In der Kategorie Produkte zählen dazu:
- Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone
- Geldautomate, Fahrausweis- und Check-in-Automaten
- Fernsehgeräte mit Internetzugang
- E-Book-Lesegeräte
- Router
In der Kategorie Dienstleistungen gehören dazu:
- Telefondienste
- E-Books
- Messenger-Dienste
- auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen (inklusive Apps) im überregionalen Personenverkehr
- Bankdienstleistungen
- elektronischer Geschäftsverkehr
- Personenbeförderungsdienste (für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste nur interaktive Selbstbedienungsterminals
Einfach gesagt: Wenn Sie über Ihre Website eines der genannten Dienstleistungen oder Produkte verkaufen, muss Ihre Website barrierefrei sein:
Welche Ausnahmen gibt es?
Es gibt auch Ausnahmen bzw. Einschränkung des BFSGs. So gibt es für bestimmte Produkte und Dienstleistungen Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren. Zudem können Unternehmen eine Ausnahme beantragen, wenn die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens zwei Millionen Euro, die Dienstleistungen erbringen, sind von den Anforderungen ausgenommen. Für Kleinstunternehmen, die Produkte herstellen oder vertreiben, gelten die Anforderungen jedoch. Diese Ausnahme gilt jedoch nur für Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen erbringen; Kleinstunternehmen, die Produkte anbieten, sind nicht ausgenommen.
Welche Folgen gibt es bei Nichteinhalten?
Wenn Unternehmen gegen die Vorgaben des BFSG zur Barrierefreiheit verstoßen, greifen die Marktüberwachungsbehörden der Länder ein. Sie prüfen zunächst, ob Produkte oder Dienstleistungen tatsächlich den Anforderungen nicht entsprechen. Wird ein Verstoß festgestellt, muss der Anbieter nachbessern. Erfolgt das nicht, drohen Maßnahmen wie Verkaufsverbote, Rückrufe oder das Einstellen der Dienstleistung. Zusätzlich können Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängt werden. Betroffene Unternehmen haben das Recht, rechtlich gegen die Maßnahmen vorzugehen.
Ist meine Seite barrierefrei?
Eine barrierefreie Webseite sollte mindestens folgende Punkte erfüllen:
- Alternativtexte: Alle Bilder und grafischen Elemente verfügen über aussagekräftige Alternativtexte.
- Tastaturbedienbarkeit: Die gesamte Webseite ist ohne Maus nutzbar.
- Untertitel: Videos sind mit Untertiteln versehen.
- Kontraste: Ausreichender Farbkontrast zwischen Text und Hintergrund.
- Skalierbarkeit: Text kann ohne Verlust von Inhalten oder Funktionalität vergrößert werden.
- Struktur: Verwendung von Überschriften und Listen zur klaren Gliederung der Inhalte.
Eine offizielle Checkliste kann man beispielsweise bei der Bundesregierung für Informationstechnik finden.
Es gibt außerdem zahlreiche Werkzeuge, die bei der Umsetzung und Überprüfung der Barrierefreiheit unterstützen. Diese Tools und Plugins helfen dabei, bestehende Mängel zu identifizieren und gezielt zu beheben:
- WAVE: Ein Online-Tool zur Evaluierung der Barrierefreiheit von Webseiten.
- axe DevTools: Ein Browser-Plugin zur automatisierten Prüfung auf Barrierefreiheit.
- Google Lighthouse: Ein Open-Source-Tool zur Analyse der Qualität von Webseiten, einschließlich Barrierefreiheit.
- WP Accessibility: Fügt Funktionen zur Verbesserung der Zugänglichkeit hinzu (Sprunglinks, Kontraste, Bildbeschriftungen etc.).
- Accessibility Checker: Scannt Seiten und Beiträge im Editor und zeigt Probleme bei der Barrierefreiheit direkt an.
- Ally – Web Accessibility & Usability: Ermöglicht einfache Anpassungen (Schriftgröße, Kontrast, Tastaturnavigation etc.) ohne Code.
- Tota11y: Ein Overlay-Tool von Khan Academy für visuelle Analysen zur Barrierefreiheit.
- NVDA(Screenreader für Windows) oder VoiceOver(Mac) zum Testen der tatsächlichen Nutzung mit Assistenztechnologien
- pa11y: Open Source Tool für Monitoring der Barrierefreiheit der eigenen Webseite.
- WebAIM Contrast Checker: Testen von Farbtönen und Anpassen bis Kontrast gegeben ist – vor allem für Designer relevant.
- Seoreviewtools.com: Webseiten zum Prüfen der Headlines (Heading Coherence), Aufbau von Webseiten und Aussagekräftigkeit.
In folgendem Artikel können sie weitere Informationen finden, warum Barrierefreiheit im Internet wichtig ist und wie Sie sie auf Ihrer Webseite richtig umsetzen können und auf was Sie achten müssen:
→ Wie gestalte ich meine Webseite barrierefrei?
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